Samstag, 22. Dezember 2012

Ihre Flügel ausbreiten

Ich lächel' noch einmal, bis die Bahn sich in Bewegung setzt. Ich winke dir zu; mein Lächeln schwindet kurz. Hektisch suche ich mein Handy. Zu Hause vergessen, verdammt! Ich stopfe meine Kopfhörer wieder in den Beutel, lasse meine Schritte schneller werden. Unzählige Leute kommen mir entgegen und pusten mir ihren Zigarettenrauch ins Gesicht. Leere Gedanken. Oder? An was denke ich überhaupt? Es muss mit das erste Mal gewesen sein, dass ich an nichts dachte. Es war dunkel und ich war schon fast zu Hause. Ich warf meine Haare zurück, legte meine Jacke ab und kramte mein Handy aus den vielen Schichten der Decke heraus. Ein kalter Schauer läuft mir über den Rücken, als ich es versuche mir gemütlich zu machen. Das Lächeln stand mir wieder im Gesicht, als ich an dich dachte. Standard; was nichts schlechtes heißen soll, versteht sich! Ich suchte den Lautstärkeregler meines Radios. Sollte ich etwas essen? Ach, nein. Kann ich immer noch. Mein Bauch beschwerte sich mal wieder bei mir. Gekonnt ignorierte ich die Rufe und schlüpfte in meine viel zu große Jogginghose. Letztendlich entschied ich mich doch den Fernseher anzuschalten und zu sehen, was liefe.  RTL. Vorschau 'Herr der Ringe'. Meine Vorfreude stieg. Wieder einen Grund zur Freude! Ich lehnte mich zurück und versuchte mich auf diese unglaublich sinnlose Show zu konzentrieren. Was interessieren mich denn bitte Katzen, die High Five machen? Ich würde lieber etwas anderes tun. "Aber das ist jetzt auch egal..", dachte ich und versank wieder. Gedanken zogen an mir vorbei.. wie Autos auf einer Autobahn. Da ein Gedanke, da ein Wunsch, ach.. und der Traum darf auch nicht fehlen! Ich war glücklich. Ich lächelte. Ich hatte diese unendlich vielen schönen Gedanken im Sinn. Plötzlich erschreckte ich mich - mein Vater stand in der Tür. Er fragte mich, was ich machte und ob ich schon gegessen hatte. Aber so schnell wie er kam, verschwand er auch wieder. Es war still. Der Fernseher war sehr leise, aber dies war eher Absicht.. ich hatte keine Lust mir dieses Gelaber von Londoner Büroangestellten anzuhören, die ihre Weihnachtsparty auf der Straße feierten und betrunken in das Mikrofon lallten. Meine Laune sank und ich verstand den Grund nicht mal.  Ich war sauer, dass sie mich alleine ließen. Tja, wer ist sie? Jeder könnte sich seinen Teil denken. Wann sprach ich unter der Woche mal ein Wort mit ihnen? Am Morgen wünschten wir uns 'Guten Morgen' und das war's. Vielleicht noch ein 'Tschüss', wenn sie die Wohnung verließen. Aber verstehen wollten sie mich sowieso nicht; weder wollten sie es, noch konnten sie es. Eine tickende Uhr verlangte meine Aufmerksamkeit. 20 Uhr! Wow, ein Bericht über den giftigsten Fisch der Welt. Mein Handy blinkte; SMS! "Nicht traurig sein!" Nein, ich konnte wirklich nicht behaupten, dass ich traurig war. Eher.. enttäuscht? 'Sick and tired', wie die Engländer so schön sagen? Ich hatte einen wunderbaren Tag. Ich konnte mich nicht beschweren, ich fand ihn unglaublich schön. Sie war da! Sie war in meinen Gedanken. Immer. Tag und Nacht. Normal, wenn man verliebt ist, nicht wahr? Ich hatte ihr eine lange SMS geschrieben am Morgen und hatte mich für den Abend entschuldigt, an dem mein Kopf wieder mit mir durchging. Ich war optimistisch aufgestanden, hatte dieses wunderbare Lied gehört, hatte unbeschwert geduscht und mir meine Haare extra für sie gewaschen, bis ich mich auf den Weg zu ihr machte. Der Schnee rieselte auf meine Jacke. Ich sah dich in deiner grünen Jacke, war so glücklich dich zu sehen. Ich musste grinsen bei diesem Gedanken, wie du dich mir freudestrahlend nährtest. Ich musste daran denken, wie glücklich ich war die letzten Wochen und Monate. So glücklich war ich noch nie gewesen! Ich bekam immer das Gefühl lieb gehabt zu werden und.. dass ich etwas für jemanden bin. Jemand für jemanden bin! Ich hatte in den letzten Monaten kein einziges Mal gezweifelt. Und ich wollte auch weiterhin keinen Grund haben es zu tun bzw. wollte ich niemals anfangen zu zweifeln. Ich dachte an den Urlaub.. und.. an unser Silvester, was kommen wird. Ich stellte den Fernseher lauter. Step Up 2 The Streets.. nicht schlecht! Wenigstens ein gutes Ding im Fernsehen. Ich strich über mein Handy, welches diese eine Foto zeigte. Ich hatte es, glaube ich, einfach zu wenig gemacht, gesagt, was auch immer. Das Leuchten in ihren Augen schien mich zu hypnotisieren, wenn sie mich ansah. Ich wollte, dass sie es spürte, wenn ich ihr mit meiner Hand über die Wange fuhr. Ich hatte die Schmetterlinge immer im Bauch. Und ich hatte das Gefühl, dass sie da bleiben würden. Sie würden niemals hochkommen. Sie würden immer dort bleiben. Sie würden, bei jeder ihrer Berührungen, ihre Flügel ausbreiten. Für immer.



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Mein Bild
Jule. Kein Intelligenzbolzen, aber wenigstens schaffe ich es Texte auf die Beine zu stellen oder ab und zu mal irgendwas zu kritzeln oder zu fotografieren. Deshalb würde ich mich als kreativ bezeichnen. Ich denke zu viel und nehme so gut wie alles persönlich. Ich bin lesbisch. Frauen sind die schönsten Wesen der Erde. Aber insbesondere liebe ich meine Freundin, die es immer wieder schafft mich zum Lächeln zu bringen und mich beeindruckt und glücklich macht. Und dafür danke ich ihr. Ich liebe dich. Feiert euch Hipster!

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